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Wort zum Nachdenken - Wochenende 23./24.09.2023

Dr. Michael Groß
Datum:
Veröffentlicht: 21.9.23
Von:
Verena Gebhard

Christlich und sozial – für eine Welt, in der wir leben wollen

Beobachtet man wachen Auges Gesellschaft und Politik, so kann man sich Sorgen machen:

Offenbar stärker oder wenigstens ausdrücklicher als früher beanspruchen Menschen für ihre Egoismen und diskriminierenden Äußerungen Anerkennung, die ihnen noch vor einigen Jahren peinlich gewesen wären. Machen diese lauten Wortführer sich klar, wie eine Welt aussehen wird, in der sich alle verhalten wie sie? Wollen sie selber in einer Gesellschaft voll Menschenverachtung leben und dies am eigenen Leib erfahren? Ist es das negative Vorbild Trumps und ähnlich menschenverachtender Gestalten weltweit, die mit ihrer Täter-Opfer-Umkehr einen Gesinnungswandel herbeiführen wollen vom Schutz zur Verachtung Schwächerer bis hin zum Mord? Oder was ist der Grund dafür, dass Unverschämtheit und machtvolles Auftreten des Täters auch bei uns dazu führen, über sein kriminelles Verhalten hinwegzusehen?

In der Bibel (Mt 7,12) steht die sogenannte „Goldene Regel“: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!“ Bemerkenswert ist der Unterschied zum deutschen Sprichwort „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“, denn Jesus empfiehlt hier keine abwartende Haltung des Nicht-Schadens, sondern eine aktive des Wohltuns zum Nutzen der anderen. Er empfiehlt den Christen als Gegenteil des Egoismus soziales Handeln.

Eine alte Geschichte beschreibt die Hölle als Ort, an dem alle vor dem leckeren Essen sitzen, aber verhungern, weil ihre Löffel so lang sind, dass es unmöglich ist, sich das Essen damit in den Mund zu stecken. Der Himmel unterscheidet sich davon durch nichts, nur versuchen sie dort nicht vergeblich sich selbst Essen zu geben, und schieben es stattdessen ihrem Gegenüber in den Mund.

Ob unsere Welt ein Ort wie die Hölle oder wie der Himmel ist, liegt also an uns selbst.

Den Sozialverbänden wie der Caritas wird manchmal vorgeworfen, sie seien neben dem Betrieb ihrer Dienste zu politisch. Dabei tun sie nur eins: immer wieder das Soziale in der Gesellschaft anzumahnen. Das können Institutionen allein nämlich nicht bewirken, sondern das können nur wir alle, indem wir uns jeden einzelnen Tag für Fairness, Aufmerksamkeit für den anderen, Hilfe für die Schwächeren, Achtung der Würde jedes einzelnen und Schutz der Natur stark machen. Alles andere führt in eine Gesellschaft, in der wir nicht leben wollen.

Dr. Michael Groß

Caritas