Walter Schäfer im Don-Bosco-Haus
Walter Schäfer, Beauftragter des Bezirks Mittelfranken für die Belange von Menschen mit Behinderungen besuchte das Don-Bosco-Haus in Hersbruck, das als Modelleinrichtung für die Umsetzung des sogenannten „Bundesteilhabegesetzes“ (BTHG) gilt. Er informierte sich bei der Heimleiterin Kerstin Brockmeier und den beiden Caritasvorständen Michael Groß und Michael Schubert über die Möglichkeiten einer zeitgemäßen Behindertenhilfe.
Nach einer Konzeptionsphase seit 2002 an der neben der Caritas auch alle anderen großen Träger der Behindertenhilfe beteiligt waren, ging das Don-Bosco-Haus ab 2012 in den Echtbetrieb des zukunftsweisenden Projekts „Leistungsmodule“ und ist es bis heute. Antworten auf die heutigen großen fachlichen Fragen der Hilfeerbringung wurden seinerzeit dort bereits erarbeitet und erweisen sich bis heute als machbar.
Ein großes Problem auf Landesebene ist bis heute, wie der individuelle Hilfebedarf von einzelnen Menschen ermittelt werden kann. Die in den Leistungsmodulen entwickelte Antwort, die sich hinter dem sperrigen Wort „Integriertes Metaplaninstrument“ verbirgt, und die dem Vorgehen in der Jugendhilfe ähnelt: es wird für eine dreimonatige Phase unter Realbedingungen genauestens erfasst, wie der Hilfebedarf in den einzelnen Lebensbereichen ist. Dieser wird dann per Bescheid festgestellt und in regelmäßigen Abständen wieder überprüft.
Das andere große Zukunftsthema ist die Tatsache, dass die Menschen in Heimen (neues Wort: „besondere Wohnform“) und in Werkstätten ja keineswegs alle gleich sind und keineswegs alle gleich Bedarfe haben. Fraglich ist: wie kann man denn in einer stationären Einrichtung die Leistungen so erbringen, dass jeder bekommt, was er oder sie braucht, aber eben höchst individuell? Die Antwort aus den Leistungsmodulen: es gibt für jeden gleiche Basisleistungen (z.B. Hauswirtschaft, Essen, Nachtwache u.ä.) und auch gleiche Basis-Fachleistungen (z.B. gemeinsame Freizeitaktivitäten oder Gruppenveranstaltungen), aber darüber eben höchst individuelle Fachleistungen. Der Clou: setzt man dieses dreistufige Modell auch im ambulanten Bereich an (modernes Wort: „aufsuchende Assistenz“), so kann dadurch eine Durchlässigkeit zwischen „drinnen“ und „draußen“, zwischen Heim und eigener Wohnung, zwischen Werkstatt und Arbeitsmöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt erreicht werden.
Darin sind sich alle einig: das Ziel aller Hilfe muss immer sein, soviel Selbständigkeit wie möglich zu erreichen und nur soviel Hilfe wie nötig. Dafür ist es sehr wichtig, durchlässige Hilfeformen zu haben, damit Menschen mit Behinderungen nicht für immer in einer bestimmten Hilfeform bleiben müssen, nur weil die Übergänge nicht fließend sind.
Walter Schäfer zeigte sich sehr beeindruckt: „Die Leistungsmodule müssen auf Landesebene vielleicht nicht genau so umgesetzt werden. Aber sie zeigen uns seit nun schon zwölf Jahren im Echtbetrieb, dass die Ideen des Bundesteilhabegesetzes keine Utopien sind, sondern funktionieren. Man kann spüren, dass Menschen so wirklich geholfen werden kann.“ Er wolle seine Erkenntnisse nun stärker in die politische Diskussion auf Bezirks- und Landesebene einbringen. Er verstehe die Befürchtungen großer Träger, dass ihnen das neue Hilfesysteme zuviel Unruhe in die Abläufe bringe; andererseits sei es nun an der Zeit, auch in großen Einrichtungen flexibler auf Bedarfe zu reagieren.