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Delegationsreise der Caritas in den Senegal

Delegationsreise Senegal - Yeumbeul Sud
Datum:
Veröffentlicht: 18.1.23
Von:
Michaela Hadam

Projekte für eine bessere Gesundheitsversorgung und Bildung

Mitte Januar war Caritas-Geschäftsführer Dr. Michael Groß mit einer Delegation der Caritas im Senegal und besuchte Sozialprojekte.
Delegationsreise Senegal - Mädchenschule

Das 100jährige Caritasjubiläum war der Anlass dafür, die seit 2007 bestehende Partnerschaft zwischen Bamberg und Thiès auch im Bereich der Sozialprojekte zu vertiefen. Michael Groß schildert einige Eindrücke:

Krankenstation St. Anne

Sehr beeindruckend war der Besuch bei Schwester Francoise in der Krankenstation St. Anne (ein „poste de sante“). In der Diözese Thiès gibt es 16 Stationen in kirchlicher Trägerschaft (etwa 5% - das entspricht dem Gewicht der Christen in dem überwiegend muslimischen Land). Betreut werden 120-140 Patienten pro Tag, in der krankheitsintensiven Regenzeit 250 pro Tag. Es geht morgens vor 6 Uhr los, in der Reihenfolge der Ankunft; erhoben wird ein Beitrag von 1000 senegalesischen Franc, also ca. 1,50 €. Die Station erhält keinerlei Zuschüsse von Kirche und Staat, daher verkaufen sie auch Seifen, um sich finanzieren zu können. 15 Personen arbeiten hier, eigentlich alle Teilzeit, und zwar nur Schwestern und Hebammen. Sie behandeln viele Hautkrankheiten, Diabetes, Bluthochdruck, bei Kindern Fieber, Husten, aktuell oft Typhus; kommen sie nicht weiter, gibt es Weiterverweisungen ans Gesundheitszentrum oder Krankenhaus.

Krankenhaus St. Jean de Dieu

Dort sind ca. 300 Personen tätig. In Erinnerung bleiben vor allem die schlechten hygienischen Bedingungen: 7 Mütter mit ihren frisch geborenen Kindern und jeweils noch Verwandten liegen in einem engen Zimmer fast ohne Fenster und Luft auf dreckig wirkenden Betten. Andernorts ist es in den Krankenhäusern aber noch deutlich schlechter.

Es gibt auch kommunale Krankenversicherungen für 5000 Franc jährlich, also 0,65 €/ Monat. Eine Krankenhausbehandlung kostet dann z.B. statt 400.000 Franc (615€) 130.000 Franc (190€; Zuschuss KV und vertraglich festgelegte Preise). Das Durchschnittseinkommen (ca. 300 €/ Monat, bei ärmeren Familien aber oft nur die Hälfte) ist so gering, dass sowieso immer die ganze Verwandtschaft bei den Kosten mithelfen muss, sonst sind schwierigere Behandlungen unbezahlbar. Das Essen bringen die Angehörigen ins Krankenhaus.

Gespräch mit dem deutschen Botschafter

Interessant war das Gespräch in Dakar mit dem deutschen Botschafter Sönke Simon (auch in Gambia und in Guinea-Bissau zuständig): die Botschaft wächst als Zeichen des politischen Willens einer engeren Zusammenarbeit Deutschlands mit dem Senegal, ähnlich auch die UN-Vertretung. Deutschland ist der fünftgrößter Geber im Senegal, ganz vorne liegen Frankreich und China (das intransparent agiert und Abhängigkeiten anstrebt), auch die Türkei. Es gibt 4,3 Geburten pro Frau und der Senegal wird auf Grund des demografischen Potenzials als großer Wachstumsmarkt gesehen. Die jährliche Wachstumsrate liegt bei 6% und kommt nachgewiesenermaßen bei allen an, ist aber nicht optimal auf die Bevölkerung verteilt. Die Stadt Dakar ist von 400.000 Einwohnern 1970 auf jetzt 4 Mio. gewachsen. Grundsätzlich gibt es ein starkes Stadt-Land-Gefälle.

Jüngst wurden große neue Offshore- Gas- und Öllager entdeckt, und wirtschaftspolitisch stehen schwierige Entscheidungen an (künftig fossilenergiefreie Welt; Abgabe an ausländische Konzerne?). Senegal ist im regionalen Vergleich ein sehr stabiler Partner, es gab noch nie einen Putsch, es gibt eine relativ gute Pressefreiheit. Bei der extrem jungen Bevölkerung (etwa die Hälfte der Bevölkerung befindet sich altersbedingt in Ausbildung) sind die Bildungsperspektiven für das Land grundsätzlich gut.

Jeunesse Action in Yeumbeul Sud/ Stadtteil von Dakar

Hier geht es um den Schutz von Kindern vor (Binnen-)Migration. Das Projekt wird ebenfalls von uns gefördert. Das Ziel des Aktionsplans ist es, alle Kinder im Wohnviertel zu erfassen und in Schulen zu bekommen. Dabei gibt es viele Probleme: zu allererst der Verdienstdruck der Familien auf die Kinder, die z.B. den ganzen Tag Alteisen (zum Verkauf) sammeln müssen, um dann abends in der Familie Essen zu bekommen; viele haben aber auch keine Geburtsurkunde und werden deswegen gar nicht in die Schule geschickt oder nicht in die Sekundarstufe 2 zugelassen. Daher ist die Nachbeurkundung der Geburt ein wichtiger und sehr sinnvoller Schutz vor Migration. Es gibt aber auch sehr viele innerfamiliäre Probleme wie Gewalt, Trennung, sexueller Missbrauch. Wichtig ist die Zusammenarbeit mit möglichst vielen anderen relevanten Institutionen.

Das Projekt beschäftigt an den verschiedenen Standorten Sozialarbeiterinnen, die die Familien besuchen, Hinweisen und Kindern nachgehen usw. Hier in Yeumbeul Sud werden jährlich ca. 200 Kinder neu in die Schulen eingeschrieben, die rausflogen oder nie eingeschult wurden. Etwa 65 Kinder pro Schuljahr erhalten zusätzlich erstmals eine Geburtsurkunde und damit eine bildungsmäßige Existenz und Voraussetzung zur Teilnahme an der Sekundarstufe 2. Jedes Jahr sind hier ca. 30 Kinder ein Jahr in schulvorbereitender Nachhilfe, um dann danach wieder in staatliche Schulen integriert werden zu können. Mehr Nachhilfeunterricht wäre gut, aber das Personal dafür fehlt.

Mädchenschule Claire Amitie

150 Mädchen und junge Frauen aus armen Verhältnissen erhalten hier eine dreijährige schulische Grund- und Berufsausbildung. Die Caritas gibt teilweise Essen, Kleidung und materielle Unterstützung. Teilweise gibt es Traumatherapie. In vielen Fällen ist das Schulgeld ein Problem. Die Mädchen bemühen sich schon während der Schulzeit um spätere Arbeitsplätze und werden aus Praktika oft übernommen. Es gibt Berufe in den Feldern Küche/ Service, Malen, Reparaturen. Sie begrüßen uns in Kostümen aus ihren Herkunftsregionen und -ländern, führen Tänze auf, trommeln und sprechen auch frei Gedichte in einer sehr beeindruckenden Körpersprache. Sie wirken sehr stark und lebensfroh trotz teils schwerer Schicksale.

Die Reise ist sehr beeindruckend und lässt bei den Teilnehmern das Bewusstsein dafür steigen, dass wir –weltweit gesehen- in Deutschland in einem unvorstellbaren Luxus leben und trotzdem sehr getriebene und oft unglückliche Menschen sind. Die Herzlichkeit und Lebensfreude der Menschen im Senegal ist unbeschreiblich groß.

Ausführlicher Reisebericht auf dieser Homepage unter Projekte www.caritas-nuernberger-land.de

Spendenkonto von caritas international IBAN: DE88 6602 0500 0202 0202 02

Text: Dr. Michael Groß