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Caritas stemmt sich gegen Wohnungsnot im Nürnberger Land

2024-07-16 Wolfgang Sperber und Tina Küfner
Datum:
Veröffentlicht: 16.7.24
Von:
Verena Gebhard

500 Tage Fachstelle Wohnungslosenhilfe – ein Resümee

Einen Start von Null auf Hundert hätten wir in den ersten Wochen und Monaten unserer Arbeit nicht erwartet, berichten die beiden Sozialpädagogen Tina Küfner und Wolfgang Sperber, die sich seit Beginn 2023 die Stelle im neuen Fachbereich Wohnungslosenhilfe der Caritas Nürnberger Land teilen.

Das zeigt von vornherein einen hohen Bedarf und dass die Hilfen und Unterstützung für wohnungslose Bürgerinnen und Bürger im Landkreis überfällig waren. Dies hatten die Initiatoren bereits im Vorfeld seit mehr als 2 Jahren bekräftigt und wurden nunmehr darin bestätigt.

Es konnte bisher in 261 Fällen von Wohnungsnot annähernd 500 Personen geholfen werden, darunter 95 Kinder und Jugendliche. Seitens der Kommunen lagen die Zahlen vor Projektbeginn bei weniger als einem Viertel. Vorrangiges Ziel der Fachstelle ist es, Wohnungen zu erhalten und Mietverhältnisse nachhaltig zu stabilisieren. So konnten 70 % der 261 Fälle positiv abgeschlossen werden bzw. gab es keinen weiteren Handlungsbedarf. Wohnungen konnten erhalten werden, indem Mieten nachgezahlt wurden und die zukünftigen Zahlungswege direkt vom Jobcenter oder Sozialamt zum Vermieter gesichert wurden. Neuer Wohnraum wurde direkt durch uns bzw. unsere Hilfe gefunden. In 2023 konnten wir bis dato 79 % aller Fälle positiv abschließen.

Aus Notunterkünften konnten bisher 10 Personen in regulären Wohnraum vermittelt werden.

Oft hilft es Wohnungssuchenden schon, ihre Geschichte, ihre Sorgen und die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit dem Berater gegenüber zu äußern, überhaupt einmal Gehör zu finden und wieder Hoffnung schöpfen zu können. Dadurch finden viele wieder neuen Mut und nicht selten auch selbst eine Wohnung. Die Suche nach Wohnraum gestaltet sich i. d. R. äußerst zeitaufwändig und kann nur in sehr dringenden Fällen von den Sozialpädagogen selbst geleistet werden. Hierfür konnten nun 2 freiwillige Mitarbeiter gewonnen werden, die ehrenamtlich geeignete Wohnungen recherchieren und „vorsortieren“.

Letztlich finden sich hierbei immer wieder Wohnungseigentümer, die bereit sind, auch an Menschen zu vermieten, die nicht in der Mitte des Lebens stehen. Um Vermietern, die hierbei zögern, eine höchstmögliche Sicherheit zu bieten wurde das Projekt „Chancen für Miete“ initiiert, wobei der Caritasverband Wohnungen direkt anmietet und an chancenlose Mietinteressenten weitervermietet. Somit brauchen sich Vermieter um nichts mehr kümmern und können sicher sein, ihren Wohnraum in geordneten Verhältnissen zu vermieten.

So können wir bereits von zahlreichen Mut machenden Entwicklungen und Erfolgsbeispielen berichten wie eine junge angehende Familie, beide Eltern wohnungslos und mehrere Monate auch orientierungslos im Landkreis unterwegs, die dann kurz vor der Geburt ihres Kindes eine Wohnung in Schnaittach finden konnten und der Vater inzwischen einer geregelten Arbeit nachgehen kann.

Erfolgreich konnte auch ein suchtkranker Mann in eine Therapie vermittelt werden als Voraussetzung, danach eine Wohnung zu beziehen. Inzwischen lebt und wohnt er zufrieden und steht demnächst in einem festen Arbeitsverhältnis.

Die räumliche Nähe zu den betroffenen Menschen erleichtert den Kontakt und senkt Hemmschwellen. So bietet Küfner regelmäßig offene Sprechstunden in Feucht, Altdorf und Hersbruck an, wobei der Bedarf in größeren Orten, insbesondere in Lauf überproportional besteht und zeitweise den Landkreisdurchschnitt um mehr als das Doppelte übersteigt.

Im guten und einvernehmlichen Kontakt zu allen Ämtern und Behörden im Landkreis, insbesondere zu Jobcenter und Sozialamt können auch komplexe Problemfälle zeitnah und nachhaltig gelöst werden. Mit den Ordnungsämtern der Kommunen findet regelmäßig ein „runder Tisch“ zum Austausch über die ordnungsrechtlichen Fragen der Unterbringung wohnungs- und obdachloser Menschen statt und wird von allen Beteiligten als große Bereicherung gesehen. Nicht nur bei den Kommunen schlägt sich die Arbeit der Fachstelle in sinkenden Kosten nieder, so konnte beispielsweise der Sicherheitsdienst bei der Notunterkunft in Lauf eingestellt werden oder es müssen keine neuen Notunterkünfte bereitgestellt werden. Unterbringungen in Pensionen schlagen häufig mit bis zu 4-stelligen Beträgen pro Personen und Monat zu Buche. Auch dem Landkreis entstehen Kosten für jede neue Anmietung durch Bereitstellung von Erstausstattung und zusätzlichem Arbeitsaufwand der Mitarbeitenden bei den Sozialleistungsträgern.

Weiterhin belastet nun der Familiennachzug bei Flüchtlingen den Wohnungsmarkt im Landkreis, da dieser Personenkreis als wohnungslos gilt und die Gemeinden für eine Unterbringung letztlich zuständig sind.

Sollte nun die Unterstützung und Koordination der Hilfen für wohnungs- und obdachlose Menschen im Landkreis wegfallen, muss mit einer deutlich steigenden Problematik in den Notunterkünften und gegebenenfalls auch auf der Straße gerechnet werden ganz zu schweigen von den steigenden Kosten, die auf die Kommunen zukommen würden wenn die Notunterkünfte voll belegt sein sollten.

Bei einer Unterbringung in Pensionen würden ohne weiteres 900,-€ pro Person und Monat anfallen, sofern Pensionen überhaupt Zimmer frei haben bzw. zu einer Aufnahme bereit sind.

Text: Wolfgang Sperber